Weniger Lust auf Eigentum in Metropolen
Schnell steigende Darlehenszinsen, hohe Inflationsraten und anhaltende Unsicherheit durch den Krieg in der Ukraine, Corona-Pandemie und gestörte Lieferketten haben im 2. Quartal 2022 den Wohnimmobilienmarkt deutlich beeinträchtigt. Der aktuelle Preiskompass des Immobilienportals immowelt.de weist in 13 von 14 untersuchten Städten eine zurückgehende Nachfrage aus. Teils erhöhte sich sogar gleichzeitig der Bestand zum Kauf angebotener Immobilien.
Als Folge sind in 7 der 14 größten Städte Deutschlands stagnierende oder bereits leicht sinkende Angebotspreise zu beobachten. Im Quartalsbericht wurden auf immowelt.de angebotene Bestandswohnungen (75 Quadratmeter, 3 Zimmer, 1. Stock, Baujahr 1990er-Jahre) im 2. Quartal 2022 mit dem Vorquartal verglichen. Nachfrage und Angebot wurden anhand eines Vorjahresvergleichs untersucht.
Die Folgen der gestiegenen Bauzinsen
Seit Beginn des Jahres sind die Zinsen für Baudarlehen stark gestiegen und die Inflation ist anhaltend hoch. Eine Konsequenz daraus ist, dass viele Menschen den Traum von den eigenen vier Wänden aus ihrer Lebensplanung streichen. Dadurch ist die Nachfrage nach Eigentumswohnungen zuletzt stark zurückgegangen: Im 2. Quartal 2022 sank deutschlandweit die Anzahl der Anfragen auf Kaufimmobilien, die auf immowelt.de inseriert wurden, im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent.
Ein weiterer Effekt der gestiegenen Zinsen ist, dass die Zahl der inserierten Wohnungen wieder deutlich zugenommen hat. Im Vergleich zwischen den jeweils 2. Quartalen 2022 und 2021 hat sich das Angebot um 29 Prozent erhöht. Das liegt vermutlich daran, dass die Vermarktung durch die zurückgehende Nachfrage aufwendiger wird und mehr Objekte auf dem freien Markt angeboten werden.
Nachfrage zum Teil mehr als halbiert
Beim Blick auf die 14 Großstädte mit mehr als 500.000 Einwohnern zeigt sich, dass besonders in den Märkten mit hohen Preisen das Interesse an Immobilien im Vergleich zum Vorjahresquartal zurückgegangen ist. Das Angebot hat dabei meist zugenommen: In München gibt es 18 Prozent weniger Anfragen bei 27 Prozent mehr Immobilienangeboten. In Köln sind die Veränderungen noch stärker: Die Nachfrage verbucht einen Rückgang von 20 Prozent, während die Anzahl der Inserate gar um 54 Prozent gestiegen ist.
In Berlin hat sich die Nachfrage sogar mehr als halbiert (-52 Prozent), und auch in Hamburg (-47 Prozent) werden deutlich weniger Anfragen gestellt. Das Angebot ist aber in beiden Städten noch nicht angestiegen und hat sich entgegen des Trends in den anderen Großstädten noch einmal verringert. In beiden Städten scheint die sinkende Nachfrage daher durch das anhaltend geringe Angebot bedingt zu sein. In Berlin könnten zudem noch Verwerfungen durch den Mietendeckel nachwirken: Hier zog die Anzahl der Inserate für Wohneigentum während der Geltungsdauer des Gesetzes stark an. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel gekippt hatte, sanken die Verkaufsannoncen wieder deutlich.
Sinkende oder stagnierende Preise in 7 von 14 Städten
Die gestiegenen Bauzinsen, die hohe Inflation und die Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine spiegeln sich nicht nur in der geringeren Nachfrage wider, sondern auch bereits bei den Kaufpreisen. Laut immowelt-Preiskompass haben sich in 7 von 14 untersuchten Großstädten die Angebotspreise von Bestandswohnungen im 2. Quartal 2022 nicht weiter verteuert: In 3 Städten sind die Preise stabil geblieben, in 4 weiteren Städten lassen sich schon leichte Rückgänge beobachten. Im Vorquartal verzeichneten noch alle 14 Städte steigende Kaufpreise.
Besonders in den teuersten deutschen Großstädten hat die Kaufpreisentwicklung im vergangenen Quartal an Dynamik verloren. Mit München, Frankfurt und Köln verzeichnen 3 der 5 teuersten Großstädte stagnierende oder leicht sinkende Preise. In München kosten gebrauchte Eigentumswohnungen nach einem Rückgang von 1 Prozent aktuell 9.551 Euro pro Quadratmeter. Das ist zwar der mit Abstand höchste Wert aller Städte, vor einem Quartal lag dieser aber noch bei 9.626 Euro. In Frankfurt (6.554 Euro) und Köln (5.348 Euro) sind die Kaufpreise stabil geblieben.
Im ebenfalls hochpreisigen Düsseldorf (5.206 Euro) geben die Preise bereits um 1 Prozent nach. Zuletzt sind die Preise zwei Quartale in Folge noch um 3 Prozent gestiegen. Noch deutlicher ist die Trendumkehr in Hannover (4.019 Euro). Nach Anstiegen von 4 und 3 Prozent sinken die Kaufpreise nun um 2 Prozent. Das ist der stärkste Rückgang aller Städte.
Leichte Anstiege in Berlin und Hamburg
In Berlin scheint sich trotz verminderter Anfragenzahl noch kein Gleichgewicht zwischen Nachfrage und Angebot einzustellen: Im 2. Quartal kam es zu einem leichten Preisanstieg von 2 Prozent. Damit überspringt Berlin die 5.000-Euro-Marke. Sollten sich die Rahmenbedingungen weiter verschlechtern, ist es aber durchaus denkbar, dass die Quadratmeterpreise bald wieder darunter rutschen. Für die Größe und Bedeutung der Stadt ist das Preisniveau allerdings nach wie vor vergleichsweise niedrig.
Teurer ist Wohnraum hingegen in Hamburg (6.748 Euro), wo im 2. Quartal ein Plus von 1 Prozent zu Buche steht. Auch in Stuttgart lässt sich noch keine vollkommene Trendumkehr feststellen. Die Kaufpreise steigen ebenfalls um 1 Prozent auf 5.767 Euro pro Quadratmeter. In Nürnberg, Bremen, Dresden und Dortmund ist der Anstieg mit je 2 Prozent etwas stärker, wenngleich besonders bei den beiden letztgenannten Städten die Preise nach wie vor sehr günstig sind und trotz gestiegener Zinsen für viele Menschen noch leistbar sein dürften. (ots)
Berechnung und Methodik: Grundlage für die Analyse sind auf immowelt.de inserierte Wohnungen, die mit bewährten statistischen Methoden ausgewertet werden. Diese basieren auf der langjährigen Expertise in der Preisberechnung des französischen Partner-Portals Meilleurs Agents. Die entstehenden Preisfortschreibungen geben einen Einblick in die dynamische Lage auf dem Wohnimmobilienmarkt in diesen Städten.