Steigende Baupreise überziehen Volumen laufender Baukredite
Angesichts der günstigen Zinsen sind Immobilien noch immer attraktiv, doch Bauherren müssen nicht nur aktuell, sondern auch in Zukunft mit höheren Kosten beim Hausbau rechnen.
Aufgrund der steigenden Baupreise kann es passieren, dass der laufende Immobilienkredit nicht mehr ausreicht und die Aufnahme einer Nachrangfinanzierung erforderlich ist.
Die Baupreise für konventionell gefertigte Wohnhäuser haben seit über 50 Jahren ein neues Rekordhoch erreicht. Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge stiegen die Kosten im August 2021 um 12,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Preistreiber ist nach wie vor die Corona-Pandemie und die dadurch bedingten Lieferengpässe sowie die erhöhte Nachfrage nach Baustoffen im In- und Ausland. Allein die Kosten für Konstruktionsvollholz waren im Mai dieses Jahres um 83,3 Prozent teurer als im Mai 2020. Durch die höheren Baumaterialpreise steigen zugleich die Kosten für Bauarbeiten. Das betrifft insbesondere Zimmer- und Holzbauarbeiten, die mittlerweile um 46,5 Prozent teurer sind. Aber auch die Preise für Beton-, Dachdeckungs-, Dachabdichtungs-, Klempner-, Metallbauarbeiten oder Tischlerarbeiten stiegen im August 2021 gegenüber dem Vorjahr.
Was bedeuten die höheren Baupreise für die Immobilienfinanzierung?
Für Verbraucher bedeuten die steigenden Baupreise in erster Linie höhere Baukosten. Denn oftmals müssen Bauherren, deren Haus noch nicht fertiggestellt ist, mit einer längeren Bauzeit rechnen. Die erhöhte Nachfrage nach Baumaterialien treibt nämlich nicht nur die Preise in die Höhe, sondern führt häufig zu Lieferengpässen. Mit jeder Verzögerung steigen fortlaufend die Kosten und damit auch die finanzielle Belastung für Kreditnehmer. So kann es passieren, dass die vereinbarte Kreditsumme der Immobilienfinanzierung die steigenden Baukosten nicht mehr abdeckt. Zudem kommen im Ernstfall weitere finanzielle Aufwendungen hinzu. Durch die verlängerte Bauzeit ist das Haus nicht rechtzeitig bezugsfertig und Familien müssen in ihrer jetzigen Wohnung bleiben oder sich eine neue Unterkunft suchen und neben den Monatsraten der Baufinanzierung weiterhin Miete bezahlen. Auch auf künftige Eigenheimbesitzer kommen Preissteigerungen zu, etwa durch den Trend zu mehr Nachhaltigkeit. Ökologische Standards und höhere Anforderungen an nachhaltiges Bauen wirken sich direkt auf die Baukosten aus.
Derartige Verteuerungen beim Hausbau können Kreditnehmer, die ihr Eigenheim aktuell noch planen, bereits vorausschauend in die Immobilienfinanzierung mit einkalkulieren. Wer bereits einen Kredit bedient und sich mitten in der Bauphase befindet, hat dagegen die Option mit einer Nach- oder Nachrangfinanzierung zusätzlich ein weiteres Darlehen aufzunehmen, um die steigenden Kosten abzufangen und das Eigenheim möglichst ohne weiteren Verzug durch die Finanzen fertigzustellen.
Höhere Baukosten mit einer Nachrangfinanzierung auffangen: Das ist zu beachten
Die Nachrangfinanzierung ist ein weiterer Kredit, der nachrangig hinter der erstmaligen Baufinanzierung abgeschlossen wird. Das bedeutet, das Kreditinstitut, das die Nachfinanzierung gewährt, wird nachrangig nach dem ersten Kreditgeber als Gläubiger mit einer Grundschuld entsprechend der Finanzierungshöhe ins Grundbuch eingetragen. Damit erhält dieser zweite Kreditgeber ebenfalls das Verwertungsrecht an der Immobilie und eine zusätzliche Sicherheit. Diese können bei einer Nachrangfinanzierung mit ein bis vier Prozent zwar deutlich höher ausfallen als beim ersten Immobiliendarlehen, allerdings können Kreditnehmer die Zinskonditionen verbessern. Sie haben beispielsweise die Option, dem Kreditgeber zusätzlich zur Grundschuld eine weitere Sicherheit anzubieten, die nicht vorbelastet ist. Vorteile ergeben sich außerdem durch fixe und variable Zinsen. In Zeiten niedriger Zinsen lohnt sich der Abschluss einer Nachrangfinanzierung mit fixen Zinsen, da diese während der Laufzeit gleichbleiben. Zusätzlich gibt es bei der Nachfinanzierung flexible Modelle, den Kredit zu tilgen. Kreditnehmer können dabei die Laufzeit und Kosten reduzieren, indem sie die Kreditsumme vorzeitig zurückzahlen.
Zu beachten ist lediglich, dass diese Kreditform an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. So gilt es den Beleihungsauslauf zu berücksichtigen, der nicht höher als 110 Prozent sein sollte. Dieser gibt das Verhältnis zwischen dem Immobilienwert und der Höhe sämtlicher Kredite und Vorlasten einer Immobilie an.
Staatliche Fördermittel und Ratenkredit als Alternativen zur Nachfinanzierung
Für Bauherren, die auf der Suche nach einer geeigneten zusätzlichen Finanzierung sind, kann es sinnvoll sein, staatliche Fördermittel mit einzubeziehen. Je nach Bundesland gibt es diverse Förderprogramme, die als Nachfinanzierung aufgenommen werden können. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet Förderkredite, die eine lohnende Ergänzung zu einer bestehenden Finanzierung sind und ebenfalls nachrangig in Anspruch genommen werden können. Ein großer Vorteil ist hierbei, dass der Nachrang in der Regel bereits einkalkuliert ist und die Zinskonditionen ähnlich ausfallen wie bei einem erstrangigen Kredit. Eine Alternative zur Nachrangfinanzierung ist ein Ratenkredit. Dieser nicht zweckgebundene Konsumentenkredit wird von der Bank direkt ausgezahlt und der Kreditnehmer erhält die Kreditsumme nach der erfolgreichen Beantragung in voller Höhe ausgezahlt.
Es ist jedoch empfehlenswert, dass Kreditnehmer im Vorhinein mehrere verschiedene Finanzierungsangebote einholen und sorgfältig miteinander vergleichen. Sie sollten gegebenenfalls auch einen Finanzexperten hinzuziehen, um eine für die individuellen Umstände geeignete Finanzierung auszuwählen – und das möglichst zeitnah. Denn je länger sich die Bauarbeiten verzögern und die Kreditnehmer sowohl die Baufinanzierung bedienen als auch die Miete stemmen müssen, desto höher steigen die Kosten.
Die richtige Nachrangfinanzierung dank guter Vorbereitung finden
Höhere Baupreise und Verzögerungen bei den Hausbauarbeiten führen dazu, dass die laufende Immobilienfinanzierung nicht mehr ausreicht. Mit einer Nachrangfinanzierung können künftige Eigenheimbesitzer den finanziellen Mehraufwand abfangen und einen zusätzlichen Kredit aufnehmen. Dieser ist zwar mit Besonderheiten, bestimmten Regeln und teils höheren Zinsen verbunden, bietet jedoch mehrere Möglichkeiten, mit denen Kreditnehmer die Zinskonditionen verbessern können. Um schnellstmöglich eine geeignete Finanzierung zu finden, sind sorgfältige Planung, der Vergleich mehrerer Angebote und die Unterstützung durch einen Finanzexperten hilfreich. Staatliche Fördermittel und Zuschüsse zur Baufinanzierung, wie zum Beispiel durch die KfW, können eine sinnvolle Alternative zu den üblichen Nachfinanzierungsmodellen sein.