Fehler bei der Immobilienfinanzierung vermeiden
Klare Ziele setzen, sich beraten lassen, Modernisierungsbedarf und Kaufnebenkosten im Blick haben: So kommt man auch nach der Zinswende ins Eigenheim.
Wer im Jahr 2023 ein Haus oder eine Eigentumswohnung kaufen möchte, muss andere Entscheidungen treffen als vor der Zinswende. „Wir beobachten, dass viele Kaufinteressierte zu sehr auf ihr Bauchgefühl hören, anstatt konkrete Berechnungen anzustellen und aktiv Kaufpreise zu verhandeln“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft bei der Interhyp AG, einem großen deutschen Vermittler privater Baufinanzierungen. Nachfolgend hat die Expertin die fünf größten Fehler im „Neuen Normal“ der Baufinanzierung zusammengetragen und gibt Tipps, wie sie zu vermeiden sind.
Modernisierungsbedarf falsch einschätzen
Kaufinteressierte sind gut beraten, beim Hauskauf mehr denn je einen erfahrenen Energieberater zu involvieren und sich beraten zu lassen. Vorteil: Diese bringen einen notwendigen Modernisierungsbedarf früh ans Licht. Ohnehin notwenige Sanierungen können zudem vor dem Einzug durchgeführt werden. Damit verbundene Kosten lassen sich rechtzeitig abschätzen - und von Anbeginn in die Finanzierung einbinden. So können teure Nachfinanzierungen vermieden werden.
Eigene Motive und finanzielle Möglichkeiten nicht kennen
Bleibe ich zur Miete wohnen oder lege ich mir Wohneigentum zu? Welche Immobilie soll es sein? Sehne ich mich nach dem Penthouse in der Großstadt oder dem Haus mit Garten, in dem die Kinder spielen? „Viele sind sich über ihre eigenen Motive nicht genügend im Klaren und kennen ihre finanziellen Möglichkeiten nicht. Laut einer aktuellen Interhyp-Studie haben sich nur 37 Prozent der Befragten wirklich durchgerechnet, was sie sich tatsächlich leisten können. Dabei lässt sich der Zinsanstieg durchaus durch mehr Eigenkapital und eine niedrigere Anfangstilgung ausgleichen“, sagt Mohr. Wichtig ist, die eigene Finanzierungsgrenze zu kennen und eine mögliche Finanzierung zu prüfen. Und das bevor die Kaufentscheidung getroffen wird. Denn, ist das richtige Kaufobjekt gefunden, ist es oft von Vorteil, wenn Interessierte den Verkäufern nachweisen können, dass sie über die finanziellen Mittel für einen Kauf verfügen. So sichern sie sich eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Mitbewerbenden.
Immobilie falsch bewerten und nicht verhandeln
Vorhandene Informationen über die Wunschimmobilie können fehlerhaft sein. In jedem Fall sollte ein qualifizierter und kompetenter Sachverständiger das Objekt bewerten. „Die Preise sinken aktuell am stärksten bei Objekten, die vor 1990 gebaut wurden und weniger energieeffizient sind. Bei neueren Objekten – Baujahr nach 2010 – zeigen die von Interhyp erhobenen Zahlen deutlich geringere Preisrückgänge. Es kann sich also lohnen, eine etwas ältere Immobilie mit Preisnachlass zu kaufen und einen klaren Sanierungsplan aufzustellen. Wer sich gut über den Modernisierungsbedarf der Immobilie informiert hat, darf sich trauen, den Kaufpreis selbstbewusst zu verhandeln. Wir befinden uns mittlerweile in einem Käufermarkt“, erklärt Mohr.
Nicht frühzeitig an die Anschlussfinanzierung denken
Keine Angst vor der Anschlussfinanzierung! Abwarten ist für Eigentümer mit laufenden Darlehen nur eine Option, wenn sie die später fällige Restschuld aus bestehenden Reserven bezahlen können, die nicht anderweitig verplant sind. „Gerade im steigenden Zinsmarkt ist es wichtig, die Chance eines umfassenden Marktvergleichs bei der Anschlussfinanzierung zu nutzen“, sagt Mohr. Tipp: Unbedingt einen breiten Überblick über die Angebote am Markt verschaffen und nicht sofort die Prolongation bei der Bestandsbank abschließen. Eine Umschuldung kann sich lohnen, selbst wenn sie mit Kosten verbunden ist. Viele Banken bieten zum Beispiel häufig attraktive Konditionen für neue Finanzierungskunden. Hinzu kommt: Eine neue Bank bewertet auch die Immobilie neu. Da die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind und Eigentümer bereits viel abbezahlt haben, sinkt in vielen Fällen der Beleihungsauslauf – und die Konditionen werden besser. Die durch einen Bankwechsel entstehenden Kosten sind mit einigen hundert Euro oftmals geringer als angenommen und werden in vielen Fällen durch mögliche Einspareffekte mehr als kompensiert.
Falsche Immobilie wählen und Gesamtkosten nicht beachten
Passen Größe, Lage, Zustand, Ausstattung und Infrastruktur rund um die Immobilie wirklich zu meiner aktuellen und zukünftigen Situation? Kaufende sollten jetzt schon bedenken, wie sich die Wohnsituation im Alter oder beim Auszug der Kinder ändert. Wer beim Hauskauf durchstartet, muss zudem Gesamtkosten und Kaufnebenkosten (Notarkosten, Maklergebühr, Grunderwerbsteuer) im Blick haben. Die Kaufnebenkosten in Deutschland liegen z. B. bei rund 9 Prozent in Bayern oder Sachsen und bis zu rund 12 Prozent in NRW oder Brandenburg. Es empfiehlt sich, diese durch Eigenmittel selbst bereitzustellen. (ots)