Aus der Traum vom eigenen Heim?
Wie wirken sich die aktuellen Krisen auf die Wohnträume der Deutschen aus? Eine Studie gibt Auskunft.
Corona-Krise, Klima-Krise, Energie-Krise, Ukraine-Krieg, Rezession, Inflation: Die aktuelle Lage wirkt sich sowohl auf den Lebensalltag und die finanziellen Möglichkeiten als auch die Gefühlswelt der Deutschen aus. Ein getrübter Blick auf den Immobilienmarkt und eine abwartende Haltung beim Thema Eigenheimerwerb sind die Folgen – das zeigt die neueste Wohntraumstudie des Finanzierungsvermittlers Interhyp. Gleichzeitig entwickelt sich der einst so geschätzte Altbau zum Alptraum vieler Kaufinteressenten, und der Bedarf an detaillierter Beratung rund um das Thema energetische Sanierung steigt enorm.
Auf dem Immobilienmarkt ist gerade ein ambivalentes Bild zu beobachten: „Wir sehen eine große Verunsicherung und eine gewisse Starre auf der einen Seite, und große Sehnsucht nach einem eigenen Zuhause auf der anderen Seite“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin der Interhyp AG.
Arrangement statt Aufbruch
Diese Verunsicherung, ausgelöst durch die nach wie vor wirtschaftlich wie geopolitisch angespannte Lage, wirkt sich auf die Träume der Befragten aus. Im Rahmen der Studie wurden die Teilnehmenden gefragt, für welchen Haus- bzw. Wohnungstyp sie sich entscheiden würden, wenn sie sich ihren persönlichen Wohntraum erfüllen könnten. Das Ergebnis: Das freistehende Einfamilienhaus bleibt der Wunschtraum der Deutschen. Allerdings ist auch dieser Traum das erste Mal seit Beginn der Studienreihe signifikant kleiner geworden. Mit 53 Prozent (2018: 60 Prozent, 2019: 63 Prozent, 2021: 65 Prozent, 2022: 64 Prozent) ist es zwar immer noch mit Abstand der beliebteste Wohn- bzw. Haustyp, hat allerdings 11 Prozentpunkte zum Vorjahr verloren.
„Die Menschen träumen kleiner“, sagt Mirjam Mohr. „Insgesamt haben große Immobilien durchgehend eher Prozentpunkte verloren, wohingegen kleine, bescheidenere Lösungen wie das Reihenhaus (+2 Prozentpunkte) und das Tiny House (+3 Prozentpunkte) leichte Aufwertungen erfahren haben.“
Man nimmt, was man bekommt: In der aktuellen Wohntraumstudie ist generell eine starke Abwertung in der Relevanz zum Vorjahr in den Kategorien „Größe und Wohnfläche“ (81 Prozent, -13 Prozentpunkte zu 2022) und „Raumaufteilung“ (83 Prozent, -12 Prozentpunkte zu 2022) sichtbar. Diese Entwicklungen sind auch in diesen Zahlen des Finanzierungsvermittlers sichtbar: Lag die durchschnittliche Wohnfläche bei den von Interhyp finanzierten Häusern im ersten Quartal 2022 noch bei 165 Quadratmetern, so liegt sie im dritten Quartal 2023 bei 153 Quadratmetern.
Chancen werden häufig übersehen
84 Prozent der in der Wohntraumstudie Befragten empfinden den aktuellen Immobilienmarkt als eng und schwierig und sehen kaum Möglichkeiten. Die angegebenen Gründe hierfür sind: Hohe Preise, gestiegene Bauzinsen, ein leer gefegter Markt, Fachkräfte-Mangel, Unsicherheit bezüglich gesetzlicher Regelungen (z. B. die Hängepartie rund um das Gebäudeenergiegesetz und dadurch entstehende Kosten). Lediglich 25 Prozent können sich vorstellen, dass sich durch die momentane Situation auch Chancen ergeben könnten.
„Unbestritten ist der Immobilienmarkt seit dem Ende der Niedrigzinsphase herausfordernder geworden, aber es ergeben sich auch neue Chancen“, sagt Mirjam Mohr. „Es gibt wieder mehr Angebot an Immobilien. Kaufinteressierte haben mehr Ruhe, sich mit den angebotenen Immobilien in aller Tiefe zu beschäftigen. Preise können wieder verhandelt werden, was in der Niedrigzinsphase kaum möglich war. Gerade bei weniger energieeffizienten Bestandsimmobilien sind spürbare Preisnachlässe möglich. Um hier verhandlungssicher aufgestellt zu sein, empfiehlt es sich, einen klaren Sanierungsplan aufzustellen und die anfallenden Kosten mit in die Kaufpreisverhandlungen einzubringen.“
Alptraum Altbau?
Unter den Befragten der Wohntraumstudie ist gerade beim Thema Energie eine große Unsicherheit zu spüren. Die Politik hat mit der zermürbenden Hängepartie rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) großen Anteil daran und noch immer herrscht in wichtigen Punkten wie z. B. Fördermöglichkeiten Unklarheit. Der Bestand ist bei den Befragten zum Schreckgespenst geworden: Mieter, die sich vorstellen können eine Immobilie zu kaufen, schließen zu 64 Prozent unsanierte Bestandsimmobilien mit einem eindeutigen „Nein“ aus ihren Überlegungen aus. Zum Vergleich: Sanierte Bestandsimmobilien werden nur von 6 Prozent ausgeschlossen und energieeffiziente Neubauten von 12 Prozent. Zu den Top-Gründen für den Ausschluss von unsanierten Immobilien gehören zu viel Aufwand für Modernisierung, Dämmung sowie unkalkulierbare, zu hohe Energiekosten.
Raus aus der Starre
70 Prozent der in der Studie befragten Mieterinnen und Mieter haben den Wunsch, einmal in Eigentum zu leben – aber nur wenige nehmen für die Umsetzung dieses Wunsches eine professionelle Beratung in Anspruch. „Tipps aus dem Freundeskreis oder eigenständige Recherche sind sicherlich hilfreich. Aber: Gerade bei einem so umfangreichen und individuellen Projekt wie einer Immobilienfinanzierung ist eine professionelle Beratung essentiell – und zwar nicht erst, wenn es an die konkrete Finanzierung geht“, stellt Mirjam Mohr fest. „Über eine individuelle Finanzierungsberatung können Kaufinteressierte herausfinden, was finanziell möglich ist. Dafür braucht es noch kein konkretes Immobilienprojekt. Oft ist mehr möglich, als viele Menschen denken, auch wenn der Traum von der eigenen Immobilie in manchen Fällen vielleicht anders verwirklicht wird, als zunächst gedacht, durch beispielsweise ein kleineres Objekt, eine Lage am Stadtrand oder eine Kapitalanlage statt Eigennutzung. Wichtig ist: Raus aus der Starre, den ersten Schritt machen und sich beraten lassen“. (ots)