Kommt eine Sanierungspflicht für Altbauten?
Die Energiepreise haben ganz schön Fahrt aufgenommen. Deutsche Endverbraucher kommt die Energieversorgung im EU-Vergleich besonders teuer zu stehen.
Stromkosten sind für Verbraucher ohne Photovoltaik schon seit Jahren ernüchternd. Was die Heizenergie betrifft, haben neben der CO2-Steuer jüngst auch die Sanktionen gegenüber Russland die Kosten nach oben getrieben. Der Heizölpreis hat sich so laut Statistischem Bundesamt im Vergleich zum vergangenen Jahr verdoppelt. Bei Erdgas beträgt der Preissprung laut Verivox waren sogar 132 Prozent. In den kommenden Jahren will die Bundesregierung zugunsten des Klimaschutzes sogar noch höhere Abgaben auf Heizöl und Erdgas erheben. Ungünstiger Weise haben im vergangenen Jahr mehr Gasheizungen als innerhalb der letzten 25 Jahre deutsche Häuser bezogen. Jetzt denken vor allem Eigentümer von Altbauten, die vor 1979 errichtet wurden, über Sanierungen nach. Künftig könnten sie so Energie und bares Geld einsparen. Möglicherweise werden sie ohnehin bald dazu gezwungen sein, denn die Bundesregierung diskutiert eine Sanierungspflicht für ältere Einfamilienhäuser.
Dank Dämmpflicht klimaneutral bis 2050?
Energetische Sanierungen haben viele Vorteile. Die darin enthaltenen Dämmmaßnahmen reduzieren im Altbau Wärmeverluste. Dadurch ermöglichen sie in älteren Häusern zum Beispiel einen effizienten Umstieg auf das Heizen mit Wärmepumpen. Für Passivhäuser und Co werden diese Heizsysteme wegen ihrer positiven Klimabilanz im Neubau bereits standardmäßig verbaut. Auch unter Altbau-Eigentümern steigt in Zeiten steigender Energiepreise das Interesse. Vor allem seit der Ankündigung einer Dämmpflicht für Altbauten innerhalb der Europäischen Union. Bislang besteht in der Bundesrepublik nur bei wechselndem Eigentümer eine Sanierungspflicht. In Folge dessen lässt der energetische Zustand vieler deutscher Häuser zu wünschen übrig. Mehr als zwei Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser sowie rund 100.000 Mehrfamilienhäuser zeichnen sich im Jahr 2022 durch die niedrigste Energieeffizienzklasse (Klasse H) aus. Die deutsche Bundesregierung will das mit allen Mitteln verändern. Bis 2050 soll der Wärmebedarf deutscher Gebäude um 80 Prozent sinken. Dadurch wäre der Gebäudebestand fast klimaneutral. Mittels Sanierungspflicht wäre dieses Ziel am ehesten erreichbar, meinen Befürworter.
Experten-Tipp für Immobilieneigentümer
Mit einer Thermografie lassen sich Wärmeverluste in Wohnhäusern exakt bestimmen. Bei der Entscheidung für bestimmte Sanierungsmaßnahmen erleichtert dies die Zusammenstellung eines wirkungsvollen Maßnahmenkatalogs.
Sanierungspflicht der EU-Kommission: Was genau geplant ist
Viele Experten halten eine künftige Sanierungspflicht innerhalb der Bundesrepublik für einen naheliegenden Schritt. Schon im Dezember 2021 hat die EU-Kommission eine Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinien von Gebäuden angeregt. Die deutschen Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag explizit die Unterstützung sämtlicher EU-Gebäude-Initiativen angekündigt. Im Rahmen der neuen Sanierungsrichtlinie sieht die EU vor, zuerst die energetisch am schlechtesten ausgestatteten Bauten auf Vordermann zu bringen. Wohngebäude der Energieeffizienz-Klasse G sollen EU-weit bis 2030 zumindest Klasse F erreichen. Der Kommissionsvorschlag geht im Rahmen dieser ersten Sanierungspflicht davon aus, dass hiervon innerhalb der Mitgliedsländer nur 15 Prozent des Gesamtbestandes an Immobilien betroffen sind.
Problemfall Deutschland: Was die EU-Kommissionpläne hierzulande erschwert
Diese vorgesehene Sanierungspflicht der EU-Kommission gelangt hierzulande an ihre Grenzen. Denn aufgrund nicht einmal teilsanierter Nachkriegsbauten reichen die deutschen Energieeffizienz-Klassen noch immer bis H. Statt 15 Prozent gehört fast ein Drittel der bundeseigenen Wohnhäuser einer der beiden schlechtesten Klassen an. Daher müssten alle deutschen Altbauten zur zunächst Realisierung des Kommissionsvorschlages zunächst neu eingestuft werden. Ginge es nach den Plänen der EU, soll ein Renovierungspass eingeführt werden. Dieses Dokument soll für alle Gebäude die Teilsanierungsschritte bis zu der für 2050 vorgesehenen Emissionsfreiheit aufschlüsseln. Eine Sanierungspflicht bestünde so für alle Bestandsgebäude, die aktuell Energieeffizienzklassen F bis H aufweisen.
Deutsche Sanierungsziele: Was die Bundesregierung anvisiert
Bevor die Pflicht zur Sanierung Deutschland erreicht, müssen das EU-Parlament und der EU-Rat darüber beraten. Vor 2024 wird die neue Gebäudeeffizienzrichtlinie laut vieler Experten wohl nicht in Kraft treten. FDP, SPD und Grüne haben in ihrem Koalitionsvertrag allerdings eigene Pläne angekündigt, die auf eine Heizwende abzielen. Neben der Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sehen die Parteien vor, dass bis zum Jahr 2025 mindestens zwei Drittel aller bundesweiten Heizungssysteme auf erneuerbarer Energie basieren. Indes soll das GEG künftig vorschreiben, dass auszutauschenden Bauteile im Rahmen von Ausbauten, Umbauten oder Erweiterungen ab 2024 mindestens unter die Effizienzhausstufe 70 zu fallen haben. Diese Investition in besseren Wärmeschutz rechnet sich in Anbetracht der steigenden Gas- und Erdölpreise wohl nicht nur für die Klimaschutzziele der Bundesregierung, sondern vor allem auch für Hauseigentümer.
Abschluss-Tipp zur Altbausanierung
Das Wirtschaftsministerium hat das ursprünglich angekündigte Ende der Sanierungsförderung zurückgenommen. Deshalb stehen Eigentümern speziell bei der Altbausanierung wieder die gewohnten KfW-Förderungen zur Verfügung. So auch für die Gebäudebeurteilung durch Energieberater. Deshalb sollten sich Immobilienbesitzer lieber zeitnah beraten lassen.