Single, Mieter, sucht
Besonders im Norden Europas gibt es immer mehr Ein-Personen-Haushalte – viele davon in Mietverhältnissen. Sind Co-Living und Co-Owning, also das gemeinsame Erwerben beziehungsweise Nutzen von Immobilien, mögliche Auswege aus drohender Einsamkeit und niedriger Eigentumsquote?
Ein knappes Drittel der Deutschen (31,4 Prozent) möchte in den nächsten zwei Jahren umziehen, doch nur 37,6 Prozent der Umzugswilligen möchten eine Immobilie erwerben. Das zeigt der aktuelle „Europa-Wohnimmobilien-Trendreport“ des internationalen Maklernetzwerks Remax, für den rund 23.000 Menschen in 23 Ländern und Regionen befragt wurden, darunter 1.024 Menschen in Deutschland. Wenn nur wenige kaufen möchten beziehungsweise können, treffen auf das ohnehin knappe Wohnungsangebot künftig noch mehr Mietinteressenten. Doch jeder zweite Deutsche kann sich Co-Living (54,1 Prozent) und Co-Owning (55,6 Prozent) vorstellen – also das Teilen von Wohnraum. Samina Julevic, CEO von Remax Germany: „Die anhaltend niedrige Eigentumsquote und geringe Neubautätigkeit sowie die hohe Anzahl der Single-Haushalte werden die Wohnraumkrise in Deutschland weiter verschärfen. Trends wie Co-Living und Co-Owning könnten den angespannten Mietmarkt entlasten sowie neue Wege aus der Einsamkeit und in Richtung Wohneigentum aufzeigen.“
Finnland, Deutschland und Niederlande sind Spitzenreiter bei Singlehaushalten
Während im europäischen Durchschnitt nur eine von fünf Personen (19,1 Prozent) allein lebt, ist die Anzahl der Singlehaushalte in Deutschland deutlich höher. Etwa einer von drei Deutschen (29,4 Prozent) lebt alleinstehend. Die Bundesrepublik belegt damit Platz zwei im europaweiten Ranking. Größere Berührungs- und Platzängste haben nur die Finnen: dort leben fast vier von zehn befragten Personen (38,4 Prozent) in einem Singlehaushalt. Auf Platz drei folgen die Niederländer mit 29,3 Prozent. Auf nur 10,5 Prozent kommt Polen, während Spanien (11 Prozent) und Kroatien (11,3 Prozent) ebenfalls mit einer sehr niedrigen Quote an Singlehaushalten aufwarten.
Ähnlich verhält es sich mit Zwei-Generationen-Haushalten. Während der europäische Durchschnitt an Zwei-Generationen-Haushalten bei 26,4 Prozent liegt, bilden Deutschland (14,3 Prozent), Österreich (14,7 Prozent) und Frankreich (16 Prozent) die großen Ausnahmen. Angeführt wird das Ranking an Eltern-Kind-Haushalten hingegen von Israel (41,3 Prozent), Malta (37,3 Prozent) und Griechenland (35,8 Prozent). Julevic: „Kinder, die länger bei ihren Eltern leben, sparen traditionell viel mehr. Der Eigenkapitalbetrag beim Hauskauf ist für sie eher realisierbar. In Deutschland hingegen könnte das Co-Owning zur Alternative werden und jungen Kaufinteressenten helfen, zum Eigentum zu gelangen. Das Interesse besteht. Nun braucht es Aufklärung.“ Der Remax-Studie zufolge bilden Deutschland und Schweiz mit etwa 41 Prozent Eigentumsquote mit Abstand die Schlusslichter unter den europäischen Eigentümern.
Kosten und Risiken beim Immobilienkauf durch Co-Ownership verringern
Im Rahmen von Co-Owning eine Wohnung zu teilen, können sich die Deutschen vor allem aus finanziellen Gründen vorstellen. Fast einer von vier (23,7 Prozent) würde dem Trend folgen, um in einer Immobilie zu wohnen, die sonst nicht leistbar wäre. Weitere 22,4 Prozent spielen mit dem Gedanken, durch Co-Ownership die Belastung der Instandhaltungskosten zu reduzieren. Und etwa einer von fünf (21,1 Prozent) würde mit Co-Owning finanzielle und andere Risiken minimieren, die mit Immobilienbesitz einhergehen. Fast ebenso sehr für den Co-Ownership-Ansatz sprechen für die Deutschen der Besitz eines zweiten Eigenheims oder eines Urlaubsdomizils (17,8 Prozent), das Leben in einer Gegend, die sonst nicht erschwinglich wäre (14,8 Prozent) und sogar die Diversifizierung des eigenen Investmentportfolios (9,5 Prozent).
„Durch das Co-Ownership sind Kaufinteressenten eher in der Lage, die Eigenkapitalquote zu stemmen und gleichzeitig finanzielle Risiken und Instandhaltungskosten zu minimieren. Interessant ist aber der Wunsch nach einem zweiten Zuhause oder einem diverseren Portfolio. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten für den Markt abseits der gelernten Kauf- und Mietroutinen“, sagt Samina Julevic. Der Immobilienexpertin zufolge könnten künftig Eigenheimbesitzer mit solchen Wünschen als Co-Investoren von Kaufinteressenten in Erscheinung treten. Das große Ziel sei es, die Eigentumsquote massiv zu steigern.
Einsamkeit und hohe finanzielle Belastung: Kann Co-Living der Ausweg sein?
Nicht nur mehr Eigentümer könnten den Mietmarkt weiter entlasten, sondern auch Trends wie das Co-Living. Ähnlich wie beim Co-Owning dominieren auch hier finanzielle Überlegungen bei den Willigen. Knapp ein Drittel der Deutschen (29,8 Prozent) sieht das Co-Living als probates Mittel, Kosten zu senken und gemeinsam genutzte Einrichtungen, wie etwa Küche und Bad günstiger zu nutzen. Weitere 12,9 Prozent dagegen spielen mit dem Gedanken, dadurch in eine Gegend zu ziehen, die sich allein nicht leisten könnten. Doch auch Gemeinschaft und Gesellschaft spielen eine große Rolle: mehr als ein Fünftel der Deutschen (22,9 Prozent) kann sich vorstellen, mit Co-Living die Einsamkeit und Isolation zu reduzieren, weitere 17,9 Prozent freuen sich über den einfachen Zugang zu einer bestehenden Community. An letzter Stelle folgen Bequemlichkeit und Flexibilität: 12,8 Prozent der Deutschen würden sich durch das Co-Living einen zweiten Wohnort leisten und zwischen Land und Stadt pendeln, 10,7 Prozent möchten den Komfort voll eingerichteten Wohnraums in Anspruch nehmen.
„Das Co-Living ist nicht nur eine Alternative für Menschen, die Anschluss suchen. Eigentümer können durch das Konzept und die Vermietung sanierter und möblierte Räume ihre Rendite wesentlich steigern. Die Umfrage zeigt: Der Markt ist definitiv vorhanden“, erklärt die Immobilienexpertin. Ein weiterer Nebeneffekt: Wenn sich der Trend durchsetzt, könnte das dem Wohnraummangel in Metropolen entgegenwirken. (ots)
Datengrundlage: Das Maklernetzwerk Remax hat im Juli 2024 eine Befragung unter 22.759 Personen zwischen 18 und 65 Jahren durchgeführt, um aufkommende Trends zu erkennen und zu verstehen, die den Immobilienmarkt und damit auch den Maklermarkt in den kommenden Jahren beeinflussen werden. Die Befragung wurde in 23 Ländern und Regionen – Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Israel, Italien, Kroatien, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn, Großbritannien – durchgeführt.